Selbst nach 15 Jahre werde ich immer noch überrascht von magischen Sachen in Deutschland: Sachen wie Nutella Pizza. Es passierte während einem spontanen Besuch in einem unserer Lieblings Pizza Läden. Es liegt in einer super Berliner Nachbarschaft am Rande von entweder Schöneberg, noch Kreuzberg oder sogar schon Tiergarten – ich will die Privatsphäre der Nachbarschaft wahren und schaue gar nicht erst nach.
„Ok“, sagte ich zu meinen Essenskollegen – ein 9 Jähriger, eine 10 Jährige und meine Frau (Alter egal). “Sind wir jetzt fertig? Können wir gehen?”
Meine Tochter griff zu einer naheliegenden Pizza Klub Speisekarte und zeigte darauf, worauf sie schon das ganze Essen lang zeigen wollte. Nämlich auf eine Nutella Pizza.
Plötzlich hörte ich das Singen der Engel. Die graue Wolkendecke verschwand und ein geschlechtsloser Gott unbestimmter Konfession sprach durch mich. Ich bestellte die Nutella Pizza.
Wir nicht Europäer glauben immer, dass Nutella aus dem Land stammt, wo wir ihm zum ersten Mal begegneten. Wie damals, als ein Jahrhundertwende Hipster mit Schnurrbart Frites in Paris aß und davon ausging, dass sie daher stammten. „French fries!“
Obwohl ich mittlerweile die ganze Nutella Geschichte kenne, werde ich es jetzt hier nicht posten. Ich werde auch nicht per Cut & Paste irgendeine Nutella Wikipedia Eintrag hier hineintippen. Heute geht’s nicht um die Herkunft Nutellas. Es geht um die Herkunft Nutella in meinem Leben. Und es ist eh 2016 und ihr könnt alle selber die Nutella Geschichte googeln.
Nutella entdeckte ich an meinem aller ersten Morgen in Deutschland. Damals, als die Kaiser noch herrschten und Weimar nur eine Stadt war. An dem Tag lernte ich, wie man ein Brötchen aufschneiden soll. Dann bat mich meine Gastmutter, das Brot mit Nutella zu beschmieren (und, ja, ok, auch Butter drunter, was ich heutzutage nicht mehr mache). Ich dachte, dass Nutella an dem Tag eine Ausnahme wäre. Ich dachte, ich darf bestimmt nur Schokolade frühstücken, weil sie neue Gasteltern sind und das hier mein aller erster Tag in Deutschland ist.
Ehrlich: Wer speist schon Schokolade zum Frühstück? Das gehört sich nicht! Außer man isst einen Donut, natürlich.
Aber wie ich schnell lernte, war das keine Ausnahme, sondern die Regel. Nutella ist eine Hauptspeise der Deutschen wie Kartoffeln, Wurst und schlechte Laune. Es steht auf jedem Frühstückstisch, meistens auf einem Tablett neben Goldsaft und einer unbeliebten Orangenmarmalade aus der Kohl Ära.
Und ich möchte mich an dieser Stelle bei den Gehrings aus Oldenburg für meine Bekanntschaft mit Nutella bedanken. Ihr habt Großes geleigstet, leider hat das nicht so mit Eisbein geklappt.
Und das, obwohl Nutella der Kern des ersten Erziehungsstreits zwischen mir und meiner Frau war. Meine Frau wollte unseren Kindern Nutella erlauben, bevor sie überhaupt mal auf der Welt waren. Ich hatte aber Angst, dass die dann Nutella abhängig werden würden.
„Aber Erdnusscreme dürfen sie natürlich jetzt schon haben”, sagte ich.
„Ist doch genau das gleiche!“ meinte sie.
Wir wissen alle, dass sie total im Unrecht stand.
Aber da sie so früh Nutella kennenlernte, meine Tochter (und Pizza Klub), kam ich in den Genuss der Nutella Pizza. Also hatte meine Frau doch irgendwie Recht.
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